Epiphyseolysis capitis femoris

Bei der Epiphyseolysis capitis femoris (ECF) gleitet der Femurkopf krankhaft Richtung Körpermitte und Rücken beziehungsweise der Oberschenkelhals an dem im Gelenk fixierten Oberschenkelkopf nach außen und vorne. Hieraus und aus der Schwere des Abgleitens resultiert auch die Behandlung der Epiphysiolysis capitis femoris.

Die Einteilung der ECF erfolgt bei uns zunächst nach den üblichen Kriterien Anamnesedauer und Beschwerden (Floridität): 

Bei einem akuten Krankheitsbild (epiphysiolysis femoris acuta) wird eine Anamnesedauer von weniger als zwei Wochen vorausgesetzt. Bei einem chronischen Krankheitsbild (epiphysiolysis capitis lenta) eine Anamnesedauer von mehr als zwei Wochen. ​​​Ein Mischbild stellt hierbei eine akut chronische ECF dar, bei der es bei einer Anamnesedauer größer zwei Wochen zu einer plötzlichen Verschlimmerung der Beschwerden mit Gehunfähigkeit kommt.
 

Ursachen

Die Krankheit tritt in aller Regel während des beschleunigten, pubertären Wachstumsschubes auf.
Bei Mädchen üblicherweise zwischen dem 11. und 15. Lebensjahr, bei Jungen zwischen dem 13. und 17. Lebensjahr.

ECF gehört zu einer der wenigen Notfallsituationen in der Kinderorthopädie. Wahrscheinlich verursachen hormonelle Einflüsse, ausgelöst durch eine chronische Überbelastung, die Krankheit. Dies tritt beispielsweise bei adipösen, oder sportlicher sehr aktiven Jugendlichen, auf.
 

Symptome

Die Diagnose einer ECF wird anhand von Schmerzangaben (teilweise immobilisierender Schmerz, häufig im Kniegelenk lokalisiert, schmerzhafte Einwärtsdrehung des Oberschenkels) sowie Röntgenaufnahmen (immer beide Hüften in zwei Ebenen) gestellt. Ein Verlust der Gehfähigkeit ist hierbei ein starker Hinweis auf ein akutes, instabiles Geschehen.

 

Behandlungsmethoden

Die akute Epiphysenlösung ist im Gegensatz zur chronischen nicht selbstlimitierend und muss in aller Regel (operativ) therapeutisch angegangen werden. 
   

  • Bei knapp der Hälfte der Patienten (40 %) ist hierbei, ggf. auch zeitversetzt, die Gegenseite mitbetroffen.
 
  • Als Spätfolge der (unbehandelten) ECF wird in der Literatur je nach Schweregrad ein Arthroserisiko von 15 bis 70 % angegeben.
 
  • Ein Absterben des Femurkopfes als Frühfolge kann mit 16 bis18 % angenommen werden. Hieraus resultieren, je nach Behandlung, ebenfalls schwerwiegende Folgen für das Hüftgelenk mit schwerer Arthrose bis hin zum eingesteiften Hüftgelenk.
  • Bei einer akuten Epiphysenlösung darf das Kind das Bein nicht mehr belasten. Die Therapie der floriden, akuten oder akut auf chronischen Epiphysenlösung ist immer operativ, dies muss möglichst zeitnah durchgeführt werden.

Im KIZ Chiemgau orientieren wir uns an den allgemeinen Behandlungsstandards.
 

ECF: Konservative Therapie

Im Falle kleinerer Abrutschwinkel unter 30 % (Stadium 1), bei akuter ECF bzw. bei einer chronischen Verlaufsform, werden bei uns regelmäßig konservative Therapieverfahren durchgeführt.

​​​​​​​Hierbei findet eine Entlastung durch Unterarmgehstützten mit ggf. Thromboembolieprophylaxe statt.  Des Weiteren sind eine regelmäßige Physiotherapie sowie klinisch und radiologische Verlaufskontrollen, welche ambulant durchgeführt werden können, wichtig.

ECF: Operative Behandlungsmethode - "in situ Verschraubung"

Bei größeren Abrutschwinkeln bis 50 Grad (Stadium 2) wird in aller Regel die operative „in situ Verschraubung“ der betroffenen Seite durchgeführt.

Nach einem definierten Zeitraum, in der Regel sechs Monate, erfolgt dann die prophylaktische Verschraubung der Gegenseite.

Manchmal kommt es hierbei zu einer ungünstigen Stellung des Hüftkopfes zum Schenkelhals. Nach Wachstumsabschluss kann hier deshalb eine zweite Korrekturoperation zur Funktionsverbesserung notwendig sein. 

ECF: Chirurgische Hüftkopfluxation

Bei größeren Abrutschwinkeln über 50 Grad (Stadium 3) führen wir in unserem Haus eine chirurgische Hüftkopfluxation nach Ganz mit Dunn Osteotomie durch. Dieses Verfahren entspricht im wesentlichen einer offenen Reposition des Hüftkopfes auf den Schenkelhals.
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Oftmals ist diese Operation auch aufgrund des funktionell schlechten Outcomes der „in situ Verschraubung“ notwendig. Auch dieses Verfahren ist nicht risikofrei.

Als eingriffsspezifische Maximalkomplikation kann es hier zu einer Hüftkopfnekrose mit Bewegungseinschränkung, Schmerzen und frühzeitiger Coxarthrose kommen.

Der Vorteil dieser OP besteht jedoch darin, dass die Epiphyse reponiert und in "physiologischer" Stellung fixiert werden kann. Somit ist das kurz- und langfristig funktionelle Outcome deutlich besser, d.h. die Beweglichkeit der Hüfte wird deutlich besser sein.
Zudem besteht ein besseres Containment, wodurch auch die Hüftpfanne vor einer frühzeitigen Arthrose geschützt ist.

Vor dieser Therapiemaßnahme lassen wir zur besseren Planung in der Regel heimatnah MRT-schnittbildgestütze Diagnostik des Hüftgelenkes durchführen.
Somit können ggf. Reparationsstadien aufgedeckt und die Verlaufsform (akut oder chronisch) besser klassifiziert werden.

Außerdem können wir so die Durchblutung des Hüftkopfes beurteilen: Bei intakter Durchblutung kann die offene Reposition großzügiger indiziert werden, bei gestörter Durchblutung wird eher in situ fixiert und nach Wachstumsabschluss eine Korrekturosteotomie durchgeführt.
 

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