Achondroplasie

Die Achondroplasie ist die häufigste Form des genetisch bedingten Kleinwuchses. Typisch sind neben dem Kleinwuchs vor allem verkürzte Oberarme und Oberschenkel, ein großer Kopf mit prominenter Stirn und Sattelnase, ein Hohlkreuz und mehr oder weniger stark ausgeprägt O- oder X-Beine. Die Körperendgröße liegt selten über 130 cm. Die Entwicklung der Intelligenz ist nicht beeinträchtigt, die Lebenserwartung ist in den meisten Fällen normal.

Mit einer Inzidenz von 1:20.000 zählt die Achondroplasie zu den seltenen Erkrankungen. Eine Heilung dieser Krankheit ist bis heute nicht möglich.
 

Ursachen

Bei der Achondroplasie handelt es sich um eine genetisch bedingte Erkrankung, bei der durch eine Veränderung im wachstumsregulierenden Fibroblasten-Wachstumsfaktor-Rezeptor-Gen ein normales Knochenwachstum verhindert wird.

80 Prozent der Genveränderungen werden nicht von den Eltern vererbt, sondern treten als sogenannte Spontan- oder Neumutation erstmalig in der Familie auf.

Symptome

Schon bei Geburt fallen die Kinder durch einen relativ langen schmalen Rumpf, kurze Arme und Beine, einen großen Kopf mit prominenter Stirn und flacher Nasenwurzel auf.

Die Körperlänge ist bei Geburt nur etwas geringer als bei anderen Neugeborenen. Der Muskeltonus ist in den ersten Lebensjahren etwas reduziert, die motorische Entwicklung etwas verzögert.

Durch Druck auf das Rückenmark am Foramen Occipitale Magnum (Hinterhauptsloch) kann es bei den betroffenen Kindern zu einer zentralen Apnoe (Atempausen) kommen.

Mittelgesichtshypoplasie und hypertrophe Adenoide und Tonsillen können zu Schlafapnoe (Atempausen beim Schlafen mit Sauerstoffsättigungsabfall im Blut) führen. Auffälliges Schnarchen der Kinder kann hier hinweisend sein. Chronische Mittelohrentzündungen können zu Hörproblemen und Beeinträchtigung der Sprachentwicklung führen.

Im weiteren Wachstum wird der disproportionierte Kleinwuchs als typisches Symptom der Achondroplasie rasch auffällig. Das bedeutet, dass bei den Kindern bei relativ normaler Rumpfhöhe meistens Oberarme und Oberschenkel und damit Arme und Beine verkürzt sind. Die Körpergröße liegt somit unterhalb der dritten Wachstumsperzentile.  An der Wirbelsäule ist ein verstärktes Hohlkreuz auffällig.  

Bei der Achondroplasie kommt es zudem gehäuft zu einem Buckel im Bereich Brust-/Lendenwirbelsäule. Häufig entwickeln die Kinder O-Beine, seltener X-Beine. Bei vergleichsweise kurzen Fingern ist ein vergrößerter Abstand zwischen drittem und viertem Finger (Dreizackhand) typisch. Auch Bewegungseinschränkungen an Ellenbogen und Hüftgelenken mit nicht vollständiger Streckung sind häufig.

Im Erwachsenenalter kommt es vermehrt zu Verengungen des Spinalkanals im Bereich der Lendenwirbelsäule (Spinalkanalstenose). Dies kann zu neurologischen Beeinträchtigungen an den Beinen und Einschränkung der Gehstrecke führen.
 

Behandlungsmethoden

Die Diagnose Achondroplasie kann anhand von typischen klinischen und radiologischen Merkmalen gestellt und durch einen molekulargenetischen Nachweis (Gentest) der FGFR3-Mutation, bestätigt werden.

Bei Neugeborenen wird eine Bildgebung von Gehirn und Halswirbelsäule empfohlen. Dies dient zur Beurteilung von Hydrocephalus oder auch Rückenmarkskompressionen.
Weitere bildgebende Untersuchungen (z. B. Röntgenbilder) werden bei entsprechendem Verdacht (z. B. O- oder X-Bein) veranlasst.

Grundsätzlich ist es wichtig, die betroffenen Kinder von Kleinkindesalter an psychisch zu stärken und eine „innere Größe“ aufzubauen. Dazu zählt unter anderem, dass die Selbständigkeit der Jungen und Mädchen gefördert wird.
 

Medikamentöse Behandlung

​​​​​​​2021 hat die Europäische Arzneimittelagentur den Wirkstoff Vosoritid (Voxzogo®, Biomarin International) zur Behandlung von Kindern mit genetisch gesicherter Achondroplasie ab dem zweiten Lebensjahr zugelassen. Das Medikament muss ein Mal täglich injiziert werden und hat in Studien eine Zunahme der Körpergröße von zusätzlichen durchschnittlich 1,57 cm im Vergleich zu nicht behandelten Kindern gezeigt. Die häufigsten Nebenwirkungen sind Kreislaufbeschwerden (Hypotonie), Erbrechen und Reaktionen an der Einstichstelle.
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Eine medikamentöse Therapie ist in unserer orthopädischen Kinderklinik nicht möglich.

Operative Behandlungsmethode: Wachstumslenkung

​​​​​​​O- oder X-Beine können ohne Operation nicht verbessert werden. Bei einer solchen Fehlstellung der Beine bieten wir während der Wachstumsphase der Kinder eine Korrektur durch Wachstumslenkung mit kleinen Plättchen an, die an die entsprechende Wachstumsfuge chirurgisch eingesetzt werden.

​​​​​​​Wenn das Bein „gerade“ gewachsen ist, wird das Plättchen wieder entfernt. Großer Vorteil dieser Methode ist, dass nach dieser Operation das operierte Bein keinen Gips benötigt und sofort wieder voll belastet werden darf.

Operative Behandlungsmethode: Korrekturosteotomien 

​​​​​​​Ausgeprägte Achsfehlstellungen, Verdrehungen von Ober- oder Unterschenkelknochen sowie Achsfehlstellungen nach Wachstumsabschluss können mit Korrekturosteotomien korrigiert werden.

​​​​​​​Dabei wird der Knochen entsprechend der Fehlstellung durchtrennt, begradigt und mit Platte oder Drähten bis zur Knochenheilung in korrekter Stellung stabilisiert.

Operative Behandlungsmethode: Verlängerungsoperationen

​​​​​​​In Einzelfällen können wir unseren Patienten auch Verlängerungsoperationen am Oberarm sowie Ober- und Unterschenkel anbieten. Hierbei wird mit einem Fixateur extern gearbeitet.

​​​​​​​Nach Wachstumsabschluss kann auch eine OP, bei der ein verlängerbarer Nagel in den Markraum des Ober- oder Unterschenkels angebracht wird, durchgeführt werden.

Therapiemöglichkeiten

Grundsätzlich ist es wichtig, die betroffenen Kinder von Kleinkindesalter an psychisch zu stärken und eine „innere Größe“ aufzubauen. Dazu zählt unter anderem, dass die Selbständigkeit der Jungen und Mädchen gefördert wird.

  • Da der Muskeltonus in den ersten Lebensjahren eher schwach ausgeprägt ist, ist die motorische Entwicklung mit Krabbeln, Sitzen, Gehen und Rennen teilweise verzögert. Hier kann mit gezielter Physio- und Ergotherapie unterstützend mitgewirkt werden.
  • Bei Hörstörungen, die insbesondere durch häufige Mittelohrentzündungen auftreten können, sollte zur Vermeidung einer Sprachentwicklungsstörung logopädische Hilfe herangezogen werden.
  • Die Physiotherapie unterstützt nicht nur die motorische Entwicklung, sondern hat auch eine wichtige Funktion zur Vermeidung und Behandlung von Muskelverkürzungen. Diese können beispielsweise an der Hüftbeugemuskulatur auftreten, was zu einer vermehrten Beckenvorkippung und damit zu einer Verstärkung der lumbalen Lordose, führt.

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