Deformitäten Beinachsen

Im Wachstum kann spontan eine gewisse Korrektur der Beinachsenfehlstellung erfolgen. Bleibt jedoch eine ausreichende Korrektur aus, besteht die Notwendigkeit einer Therapie mit dem Ziel, eine bestenfalls uneingeschränkte Steh-, Geh- und/oder Sportfähigkeit zu erhalten und durch ausgewogene Kraft- und Lastverteilung einen frühzeitigen Verschleiß der Gelenke der unteren Extremitäten möglichst zu vermeiden.

Auch Deformitäten an den Armen oder Händen können durch Wachstumslenkung oder korrigierende Operationen behandelt werden.
 

Ursachen

Für Fehlstellungen der unteren, selten auch der oberen Extremitäten, sind verschiedene Ursachen verantwortlich:

Häufig treten Wachstumsstörungen der Beine nach Unfällen, Infektionen oder im Rahmen unterschiedlicher Grundkrankheiten bzw. Anlagefehler auf. Liegen O- oder X-Beine vor, kann es durch eine veränderte Belastung bzw. Lastverteilung zu einer vorzeitigen Schädigung der beteiligten Gelenke kommen.

Behandlungsmethoden

Häufig sind milde bis mäßige Beinachsenfehlstellungen bei jungen Patienten schmerzfrei.

Die Fehlstellungen lassen sich anhand einer klinischen Untersuchung feststellen: Röntgenaufnahmen, eventuell weitere bildgebende Verfahren (MRT, CT) und eine instrumentelle Ganganalyse können zur genaueren Beurteilung erforderlich sein und die genaue mechanische Achse des Beines darstellen. Nach Auswertung der Befunde werden diese besprochen und ein individueller Therapieplan entworfen.

In Abhängigkeit von der Ausprägung des Befundes, der ggf. zugrunde liegenden Erkrankung und dem Patientenalter (bzw. dem noch zu erwartenden Wachstum) kommen unterschiedliche Maßnahmen, operativ wie konservativ, in Betracht.
 

Wachstumslenkung Deformitäten Beine

​​​​Röhrenknochen verfügen jeweils an ihren gelenknahen (= körpernahen und körperfernen) Enden über sogenannte Wachstumszonen. Ziel der wachstumslenkenden Behandlung ist es, das Wachstum der betroffenen Knochen in dieser Zone mittels kleiner Implantate derart zu lenken bzw. zu bremsen, dass innerhalb der folgenden Monate eine Begradigung der Fehlstellung bzw. ein Längenausgleich der Beine erreicht wird.

​​​​​​​Der Eingriff wird als Epiphyseodese oder Hemiepiphysiodese bezeichnet,  wobei „physis“ Wachstumszone und „dese“ unterdrücken bedeutet.

Liegt bei einem Kind beispielsweise eine übermäßige X-Bein-Fehlstellung vor, wird das Wachstum an der Innenseite der Wachstumsfugen des knienahen Oberschenkels und/oder Unterschenkels durch metallene Implantate angehalten (Hemiepiphysiodese). Durch das unbehinderte Wachstum an der Außenseite des Ober- bzw. Unterschenkels stellt sich nach und nach wieder eine gerade Beinachse ein.

Ist die gewünschte Korrektur, d.h. eine physiologisch normale Stellung oder falls gewünscht eine milde Überkorrektur bereits vor dem Wachstumsabschluss erreicht, werden die Implantate entfernt. Nun kann die Wachstumszone wieder bis zum Erreichen der endgültigen Körpergröße des Patienten ungehindert und symmetrisch arbeiten und wachsen. Soll das Wachstum des betreffenden Knochenareals gestoppt werden, wie z.B. bei einem jungen Patienten mit einem deutlichen Beinlängenunterschied, verbleiben Implantate innen- und außenseitig der Wachstumszone bis zum Abschluss des Wachstums (Epiphysiodese), also bis zum natürlichen Verknöchern der knorpeligen Wachstumszone. Dieses Verfahren ist auch durch rein knöcherne Operationen ohne Metallimplantate durch teilweises Entfernen der Wachstumszone möglich.

In der Orthopädischen Kinderklinik Aschau wird die Operation unter Vollnarkose mit ergänzender Nervenblockade durchgeführt, welche auch nach der Narkose noch eine länger andauernde Schmerzlinderung bzw. –freiheit erzielt. Ein operativer Eingriff zum Einbringen eines Plättchens dauert in etwa 15 bis 20 Minuten und erfordert einen Hautschnitt von circa zwei bis drei Zentimentern, wobei in einer Operation, falls nötig, auch mehrere Plättchen, sogenannte 8-Plates, an verschiedenen Körperstellen eingebracht werden können.

Eine Besonderheit stellt die Verbesserung der Streckung im Knie durch eine Wachstumslenkung am vorderen, kniegelenksnahen Oberschenkel dar, welche bei einem grunderkrankungsbedingten Streckdefizit eines oder beider Kniegelenke angewendet werden kann.

Es ist mit einem stationären Aufenthalt von circa ein bis drei Tagen, je nach subjektivem Befinden und Gehfähigkeit des Patienten, zu rechnen. Nach Abklingen der schmerzlindernden Maßnahmen unserer Narkoseabteilung ist sofort eine Vollbelastung des operierten Beines möglich.

Nach dem Fadenzug, 10 bis 14 Tage nach der Operation, schließen sich regelmäßige klinische und ggf. radiologische Kontrollen in sechsmonatigem Abstand an, um die Korrektur der O-Beine bzw. X-Beine zu kontrollieren und den richtigen Zeitpunkt der Plättchenentfernung festzulegen. Die Entfernung eines Plättchens ist eine schmerzarme Operation und kann teilweise auch ambulant durchgeführt werden.
 

Konservative Behandlung von Deformitäten

​​​​​​​Eine konservative Behandlung kann bei X-Beinen oder O-Beinen sinnvoll sein, wenn eine Bandinstabilität im Knie oder auch im Sprunggelenk die wesentliche Ursache der Beinachsenfehlstellung darstellt. ​​​Hier kann ggf. durch Orthesen eine Stabilisierung von außen und somit ein Gang oder Stand mit anatomischen Beinachsen unterstützt werden.

Liegt die Ursache der O-Beinfehlstellung bzw. X-Beinfehlstellung in einem vorübergehenden oder dauerhaften Fehlwachstum der Knochen, so kann statt konservativer Maßnahmen eine operative Therapie sinnvoll sein.
 

Knöcherne Korrektur der Beinachse

​​​​Ist das Restwachstum des Patienten nicht ausreichend oder ist die Achsabweichung zu stark, ist eine knöcherne Korrektur der Beinachse notwendig. ​​​​Diese findet am Ober- oder Unterschenkel, meist kniegelenksnah, statt.

​​​​​​​Je nachdem, in welcher Weise das Bein von der Normalstellung abweicht, wird der Oberschenkel- oder Unterschenkelknochen gerichtet bzw. gedreht.

Hierzu ist eine Durchtrennung des Knochens erforderlich, ggf. wird ein Knochenkeil entnommen oder eingefügt. Danach wird der Knochen in der korrigierten Stellung mittels Platten, Schrauben oder Drähten während der Heilungsphase stabilisiert. Im Falle offener Wachstumsfugen werden diese nicht berührt, damit es nicht zu einer Wachstumsstörung kommt.

Diese Art von Operationen können je nach individueller Deformität ein bis drei Stunden dauern und sind mit einem stationären Aufenthalt von wenigen Tagen bis zu zwei Wochen verbunden. Selbstverständlich werden die Art und Weise der Operation sowie die stationäre und im Anschluss ambulante Behandlung vorab ausführlich besprochen und auf individuelle Bedürfnisse des Patienten konkret eingegangen.
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Bis zur knöchernen Heilung kann das operierte Bein entweder nur teilbelastet werden oder eine Entlastung des Beines ist nötig.

Therapiemöglichkeiten

Neben dem ärztlichen Team unterstützt unsere Pflege sowie Ergo- und Physiotherapie jeden Patienten individuell, um eine schmerzarme und schnelle Mobilisation zu erreichen und den Krankenhausaufenthalt so kurz und angenehm wie möglich zu gestalten.

Unser Team kümmert sich um die Mobilisation unserer Patient:innen in Form von Transferschulung, Kreislauftraining und Treppensteigen sowie um die individuelle Hilfsmittelunterstützung wie Unterarmgehstützen, Rollator oder Rollstuhl sowie alles, was zum Erhalt der Mobilität nötig ist.

Werden Epiphysiodesen oder Hemiepiphysiodesen durchgeführt, sind Unterarmgehstützen oder andere Gehhilfen nach der Entlassung aus unserer Klinik in der Regel nicht nötig, können aber manchmal eine sinnvolle Hilfe sein. Sportliche Betätigung sollte für zwei bis vier Wochen vermieden werden.

Bei knöchernen Korrekturen kann eine Teilbelastung oder Entlastung des Beines für einen Zeitraum von vier bis sechs Wochen erforderlich sein. Falls eine Ruhigstellung des Beines erforderlich ist, kann diese über einen geschlossenen oder abnehmbaren Gips oder auch über eine Schaumstoffschiene erfolgen.

Auch im weiteren Verlauf ist gelegentlich eine orthetische Versorgung mit Schienen notwendig, welche bei uns im Rahmen des stationären Aufenthaltes angepasst und ausgetestet werden kann. Das Nahtmaterial wird in unserer Orthopädischen Kinderklinik zehn bis vierzehn Tage nach der Operation gezogen und eine Röntgenkontrolle nach vier bis sechs Wochen durchgeführt und die Heilung beurteilt. Abhängig vom individuellen Heilungsprozess kann dann die Belastung des Beines gesteigert oder vollständig freigegeben werden. Eine Sportfreigabe besteht hier in der Regel nach zwölf Wochen.

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